Pescado, Camaron o Queso (Canoa 2019)
- Trevor Flint
- 13. Nov. 2019
- 9 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Nov. 2019

Zunächst stell ich kurz meine Freunde vor, die mit von der Partie waren, da ich einige namentlich nennen werde.
Oben v.l.: Niklas, Jakob, Max, Tim, Mara, Cecilia, Hannah, Franka
Unten v.l.: Rinus, Trevor, Charlie
Als meine Freunde und ich vor einigen Wochen unseren ersten gemeinsamen Urlaub planten, war die Vorfreude bereits groß. Bald sehen wir uns alle wieder, in Cuenca, oft als schönste Stadt Ecuadors bezeichnet. Fast alle Freiwilligen würden an diesem Wochenende in Cuenca sein, denn zu der Zeit feiert man den Unabhängigkeitstag der Stadt.
Ohne Eile begann die Recherche nach möglichen Unterkünften und alsbald bemerkten wir unser Problem: Cuenca war ausgebucht. Abgesehen von all-inclusive Luxushotels für Beträge, für die unser Freiwilligengehalt eindeutig nicht ausreicht, war nichts mehr verfügbar. Kurzerhand entschieden wir uns für Canoa, ein angeblich kleiner und ruhiger Küstenort, in den es aber auch schön sein sollte. Die Gruppe setzte sich noch einmal neu zusammen und so fuhren nun 11 Leute nach Canoa anstatt 5 nach Cuenca. Am Freitag, den 1.November 2019, starteten wir in den Urlaub. Treffpunkt war das Busterminal Quitumbe im Süden der Stadt, zu dem ich trotz Direktverbindung um die 90 Minuten brauchte. So kam ich punktgenau an, um gerade noch rechtzeitig mit den anderen durch das Drehtore zu gehen, hinter dem sich die Busse befanden. Eine Fahrt durch Ecuador kann schon sehr aufregend sein. Muss sie aber nicht. Stau durch gesperrte Straßen verzögerte die Busfahrt auf unangenehme Art und Weise und so waren wir den ganzen Tag unterwegs. Auf die (überwiegend von mir kommende) Äußerung, dass ich keine Lust mehr hätte, erwiderte Rinus meist nur genervt: Ham wir Stress? Jetzt schnack nicht. Wir mussten in San Vincente, dem nächsten größeren Ort noch einmal umsteigen und das Klima verriet uns direkt, dass wir an der Küste waren. Es war gleich viel schwüler und die Luftfeuchtigkeit setzte mir als Sierra-Bewohner zunächst einmal zu. Dann kamen wir endlich in Canoa an. Im Hostel begrüßte uns erst ein zufrieden winkender Tim aus der Hängematte und dann Thomas aus der Schweiz, dem das Hostel gehört. Wir bezogen eilig unser Zimmer und machten uns dann auf, um den ersten Abend am Strand zu verbringen. Auch zu später Stunde war es noch angenehm warm und wir waren froh, dort zu sein. Wir schlossen den Abend mit einem Sprung in den Pazifik, und das sollte nicht die letzte Mitternachtserfrischung bleiben. Niklas verspürte das dringende Bedürfnis, uns ein Kunststück zu zeigen, und so versuchte er sich energisch an einer Piruette aus dem Sprint heraus, und scheiterte kläglich. Der in Grazie ausgeführte Absprung endete mit einer Landung auf der Nase. Zugegebenermaßen lustig und schmerzhaft zugleich. So kehrten wir aber auch schon zum Hostel zurück, da der Seewind einige weibliche Adern zum erfrieren brachte. Nach einer kurzen Nacht lockte die Sonne die Jungs aus meinem Zimmer nach draußen. Wir genossen das ruhige verschlafene Örtchen und verschafften uns einen groben Überblick. Da hatte noch keiner geahnt wie lebendig Canoa bei Nacht werden kann. Nach dem Frühstück fuhren wir erneut nach San Vincente, um einige Sachen einzukaufen. Wir entschieden uns für ein Investment in einen Volleyball, der uns in gewisser Weise neue Freunde beschert hat.An diesem Tag war es trotz meist fehlender Sonne ziemlich heiß und wir Jungs entschieden uns für Beachvolleyball als (er)füllendes Nachmittagsprogramm. Am Volleyballfeld angekommen trafen wir einen Mexikaner, einen Argentinier und einen Ecuadorianer, die dort gerade kickten. Julian, Eduardo und Mauricio, unsere Volleyball-Gegner, wohnen auch in Quito und sind ab sofort öfter mit uns anzutreffen. Schnell machten wir eine Partie aus und die Schlammschlacht begann. Es war Ebbe, und so spielten wir auf dem vom Wasser geplätteten und harten Sand, damit der Ball besser rollt. Der harte Untergrund legte sich mit unser allen Fußsohlen an, das hielt uns aber nicht davon ab, den deutschen Fußball womöglich besser als die aktuelle Nationalmannschaft zu repräsentieren :) Schnelle und kreative Kombinationen von Tim und Zauberfuß Niklas wechselten sich perfekt ab mit meiner Wenigkeit als Abwehrriegel und Max langen Beinen, der noch immer einen Fuß dazwischen bekam. Endergebnis: Ein klarer Sieg für uns und schmerzende Fußsohlen für alle. Unsere Gegner hatten Blut geleckt und forderten uns zu einer Revanche im Volleyball auf, doch auch hier waren sie chancenlos. Geradezu vernichtend gewannen wir den Wetteinsatz von 3 Bieren. Ironischerweise sah das aber an den folgenden Tagen etwas anders aus... Mit einer Dusche und einem guten Abendessen bereiteten wir uns auf das Abendprogramm vor. In Canoa gibt es eine Strandpromenade, die sich Samstag Abend langsam füllte. Woher kamen alle diese Menschen? Es schien fast perplex, aber war so schön. Direkt am Meer gibt es dann also eine Vielzahl an Beachparty's, auf denen es heiß her geht. Wir stürzten uns in die Menge und feierten zu Elektro und Raggaeton. Tanzen können die Ecuadorianer um Längen besser und so lernten wir eher anstatt altbewährte Muster wie den Roboter oder den Kopfnicker zu zeigen. Auch Partnertanzen, ohne feste Rollenverteilung wird hier mehr geschätzt, was das Ganze viel lockerer und unerzwungener macht. Ich brauche nicht zu erwähnen, dass wir Jungs daran Gefallen fanden :) Jeder der wollte kam also auf seine Kosten. Nur ab und zu haben sie sich zu einem Moshpit hinreißen lassen, den wir natürlich initiierten. Schlussendlich bekamen wir noch unsere Siegesbelohnungen ausgegeben und feierten bis spät in die Nacht. Diese Party brachte uns die Welt des Raggaeton, unser neuen Lieblingsmusik, zum ersten Mal etwas näher. Bevor wir nun zum Sonntag kommen, möchte ich die Kategorie "Phrasen und Reaktionen" einführen. Hier liste ich nun schlaue, lustige oder hirnlose Zitate auf. Beginnen wir mit Jakob, den eine Frage brennend zu interessieren schien. Als wir dann eines Abends in versammelter Runde beisammen saßen, muss er sich wohl gedacht haben, das jetzt DIE Gelegenheit sei. Er leitete mit folgenden Worten ein: "Jo Leute, ich hab da Mal ne Frage." Soweit so gut. Stylistisch analysiert weist das auf ein Mittel hin, mit dem er sich Aufmerksamkeit verschaffen möchte. Normalerweise wäre dann hier also deine Hyperbel oder auch rhetorische Frage günstig. Jakob's Frage war aber ganz und gar ernst: "Auf welcher Höhe über dem Meeresspiegel liegt Canoa eigentlich?" Ein Moment des Schweigens geht dem Gelächter unsererseits vorweg, saßen wir doch keine 100m vom Pazifischen Ozean entfernt. Auch Jakob Begriff schnell, was er gerade gefragt hatte. Hier wäre eine weitere Phrase von ihm sehr passend gewesen: "Das ist doch verschickt!", was man in die übergreifend zu verstehende deutsche Sprache vielleicht als "merkwürdig" oder auch "unangenehm" übersetzen könnte. Damit aber nicht genug. Max, der laufende 2Meter, Tim, Niklas und ich genehmigten uns nach getaner Arbeit am Nachmittag einen kleinen Snack. Dieser bestand aus einem Teig aus Kochbananen, welcher dann gefüllt und geformt wurde. Als die überaus freundliche Bedienung Max mit den Worten "Pescado (Fisch), Camaron (Scampi) o Queso (Käse)" fragte, welche Füllung er gerne haben mag, verstand Max zunächst nichts. Das ist auch nicht verwunderlich, da die Menschen an der Küste etwas schneller und undeutlicher Reden, was Max und ich aus Quito nicht gewohnt sind. Ich verstand aber was sie wissen wollte und wiederholte ihre Worte etwas langsamer für Max erneut. Dieser schien zu verstehen und wiederholte stolz und laut: "Pescado, Camaron o Queso", eine ziemlich sinnlose Aussage die uns samt Bedienung schmunzeln ließ, ohne das Max die Situation durchblickte. Nach kurzer Aufklärung in Deutsch stoß Max ein lautes "Achso" aus, welches unsere Laune schlichtweg noch mehr anheiterte. Zu guter Letzt muss ich mir aber noch an die eigene Nase packen, denn auch ich scheine Probleme mit der Sprache zu haben, allerdings mit der Deutschen. Gleich am ersten Abend setzte ich ähnlich motiviert wie Jakob an, um etwas zu erzählen. Meine Aussage lautete: "Alle die da waren haben wir auch." Punkt. Mehr nicht. Ich selber beharre noch immer ein wenig darauf, dass so nie gesagt zu haben. Scheinbar haben das aber alle gehört. Und irgendwie kann ich mir schon vorstellen, dass ich so etwas von mir gebe. Nun ja, das mir Deutsch ein wenig entflieht, ist vielleicht gar nicht so schlecht. Dann bleibt mehr Platz im Kopf für Spanisch und es besteht die Chance, weitere schöne Phrasen von mir zu hören. Auch die Nacht auf Sonntag fiel kürzer als üblich aus. Wir probierten uns an unserem Mahlzeiten durch das traditionelle Essen der Costa, welches einfach nur gut schmeckt und schön günstig ist. Ein kleiner Kater begleitete mich über den Vormittag, und so nutzte ich die Zeit für ein kleines Mittagsschläfchen. Später stand erneut Volleyball und "in die Wellen springen" an. Max und Rinus, die sich um die 30 Minuten in den Sand gelegt hatten, um sich auszuruhen, Sonne zum sonnen gab es nämlich gar nicht, waren plötzlich zu roten Monstern geworden. Klar gezogene Streifen an Bauch und Beinen zeigten ganz eindeutig, wo ein Kleidungsstück eines der besten deutschen Erkennungszeichen, weiße und unattraktive Haut, geschützt hatte. Üblicherweise trägt man ja immer eine dicke Schicht Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50+ auf, doch an diesem bewölkten Tag entschieden sich unsere beiden brennenden Götter, so sah Max mit dem langen, offenen und blonden Haar nämlich aus, dagegen. Personalisiert wurden ihre "Kostüme" noch durch einen dünnen Streifen über den Oberkörper, der weiß geblieben war. Hier hatte das Kabel der Kopfhörer sein Bestes gegeben. Der Rest der Gruppe war körperlich nicht fähig oder nicht interessiert daran, an diesem Abend noch weiteren Aktionen nachzugehen. Tim, Jakob und meine Wenigkeit hingegen entschieden uns richtig und erlebten einen ganz anderen Abend wie noch am Tage zuvor. Es waren viel weniger Menschen unterwegs, die Clubs und Bars waren wie leer. Wir stimmten uns also auf einen ruhigen Abend mit dem ersten Club-Verde (lokales Bier, schmeckt kacke aber man nimmt was man kriegt) ein. Uns wurde dann doch etwas langweilig, und so entschieden wir uns für eine Bier-Shotgun (YouTube hilft beim Verstehen). Wir setzten uns mit einigen Freunden vom Vortag in einen Kreis und unterhielten uns, bis noch eine weitere Gruppe kam und sich uns anschließte. Es wurde spät, und die ersten unser französischen/ecuadorianischen Freunde verabschiedeten sich. Als Jakob mit einer weiteren Französin verschwand, um "Zigaretten zu holen", trafen wir auf eine Gruppe Pflanzenfreunde, die eine kleine Nachtschicht schoben :) Tim und ich, Jakob tauchte in dieser Nacht nicht mehr auf, beendeten den Abend mit einem weiteren Sprint in den Pazifik, bis wir dann frierend zum Hostel zurücklatschen. Montag, unser eigentlicher Abreisetag, startete sehr gemütlich und langsam. Da wir Freiwilligen uns den Dienstag als Urlaubstag genommen hatten und wir ohne Probleme unseren Aufenthalt im Hostel verlängern konnten, entschieden wir uns gegen die Abreise. Unsere Demi-Pairs, flexiblen Freiwilligendienstler oder Lebensgenießer (Jakob) verließen uns Montag Mittag. Niklas, Tim und ich lechzten nach dem Suferboy-Feeling, und so liehen wir Boards und stürzten uns nach 10 Minüten Anleitung auf YouTube in die Wellen. Ich glaube, dass ich 10$ im Pazifik versenkt habe, denn diese waren nachher nicht mehr auffindbar und ich habe meine Taschen wohl vor dem Surfen nicht mehr ausgeleert… Wir hatten trotz keinen Vorkenntnissen eine Menge Spaß und verzeichneten zumindest kleine Erfolge. Auch wenn ich wohl nicht mehr als einige Augenblicke, die sich höchstens zu 2 Sekunden aufsummieren, auf dem Board stand, werd ich mich in der Zukunft auf jeden Fall erneut aufs Board legen. Nervig ist dann aber doch das ständige Ankämpfen gegen die Wellen, wenn man von der Küste zurück ins Meer läuft, erst Recht mit den großen, unhandlichen Brettern, die durchaus gefährlich für Dritte werden kann, wenn man sie nicht bei jeder Welle festhält. Erneut aßen wir beim “Pescado, Camaron o Queso”-Stand und genehmigten uns eine frisch geöffnete Kokosnuss. Dabei liefen wir den Strand entlang und fanden etwas abgelegene Strandliegen, die eigentlich zu einem Hotel gehörten, setzten uns und genossen den Moment. Vorher hatten wir bereits unser letztes Volleyballspiel verloren, dabei aber die Familie einer anderen Freiwilligen getroffen, die Tim gut kannte. Manchmal ist die Welt dann doch kleiner als man denkt. Der letzte Abend endet mit einem guten Essen, einer Runde Karten und frühem Schlafengehen, zumindest für mich. Am Dienstag stand dann bloß noch das Packen und Aufräumen unseres versandeten Zimmers an. Aufgrund meines fehlenden weil geklauten Rucksacks war ich mit meinen kleinen Daypacker und nem zugeschnürten Jutebeutel unterwegs. Deshalb hatte ich auch ziemlich wenig Klamotten mit, die bis auf meine Reiseoutfit auch alle ziemlich dreckig und ekelhaft waren. Also saß ich die ganze Fahrt im leicht unangenehmen Luftzug der Klimaanlage, nur im T-Shirt, die durch das schwüle Wetter einen Dauerauftrag hatte. Die Rückfahrt war lang, nicht besonders spaßig, wurde nur durch einzelne Highlights wie die “Rapidos & Furiosos" Filme oder Niklas unfreiwillige Unterbrechung seinen vegetarischen Lifestyles nicht zum Albtraum. Max behauptete irgendwann, dass wir nun noch 90 Minuten bis zum Terminal in Quito brauchen würden. Ich hielt dagegen und stellte zur Überprüfung eine Stoppuhr. Natürliche addierten sich weitere 90 Minuten zu Max Prognose hinzu und wir kamen am späten Abend in Quito an, hatten aber jeweils noch eine einstündige Fahrt zu unseren jeweiligen Gastfamilien vor uns. Ein unglaublicher und schöner Urlaub lag hinter uns, doch es ging noch weiter, denn direkt am nächsten Tag durften wir alle anderen Freiwilligen, unsere Freunde, wiedersehen. Die folgenden Tage waren erneut gefüllt mit aufregenden Erlebnissen und Partys, doch darüber werde ich demnächst erzählen. Canoa 2019 wird uns mit vielen Erinnerungen begleiten und vielleicht auch darüber hinaus. Mit Sicherheit lag dies auch an den Menschen, mit denen ich unterwegs war. Ich hoffe, ich konnte wenigstens ein klein wenig vermitteln, wie gut diese Erfahrungen waren, und erwähne auch hier nochmal, wie ich es schon in Canoa immer gemacht habe: Wir machen das hier alles freiwillig!

Ein weiteres Gruppenbild mit unseren Volleyballfreunden.
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